Graffiti statt Grau – ganz legal: Graffitiprojekt in Rudolstadt

Jugendliche gestalten farbenfrohe Trafostation in Rudolstadt – weitere gestalterische Projekte geplant

 

Rudolstadt. „Graffiti machen graue Wände lebendig, ich wünschte, ich könnt‘ das auch.“ Diese Textzeile aus dem 80-er-Jahre-Hit „Kling Klang“ der Gruppe Keimzeit klingt sicher noch vielen im Ohr. Wer das seit gestern bunt bemalte Stromhäuschen vor der Schillerschule in Rudolstadt zu Gesicht bekommt, bei dem spielt in seinen Gedanken genau dieses Lied wohl in einer Endlosschleife.

 

Wie? „Die“ dürfen einfach so die Kästen beschmieren? Einfach so – das ist wohl der falsche Ausdruck. Ebenso wie beschmieren, denn Kunst liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Tatsächlich fußt die Aktion auf einem Projekt, welches von der Energieversorgung Rudolstadt vollfinanziert wird und das der Beginn einer Projektreihe der Jugendarbeit der Städte Rudolstadt und Bad Blankenburg zur Verbesserung und Verstetigung jugendkultureller Ausdrucksformen im öffentlichen Raum ist.

 

Federführend sind das AWO Jugend- und Familienhaus und die Mobile Jugendarbeit Rudolstadt-Bad Blankenburg. Werden Graffiti in der öffentlichen Wahrnehmung, insbesondere illegale Graffiti, meist als Vandalismus betrachtet, werden sie von anderer Seite – meist bei legalen Auftragswerken – auch als Kunst anerkannt. Triste Wände schreien bisweilen danach, zumindest temporär mit einem witzigen Graffiti aufgehübscht zu werden, dass dem Betrachter ein Lächeln in das Gesicht zaubert.

 

„Es geht hierbei um die gesellschaftliche Akzeptanz von jugendkulturellen Ausdrucksformen, als auch um ein grundlegendes Maß an Akzeptanz der Jugend gegenüber Eigentumsverhältnissen. Beiderseitige Akzeptanz fehlt zurzeit, was sehr bedauerlich ist“; findet Projektleiter Christian Otto und ist sich dabei schnell mit den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen einig.

 

Seit 6. August beschäftigten sich Johanna (14), Schirin (12), Sarah (14), Colin (14), Lenny (14) und Wadia (12) mit dem Projekt. Am ersten Tag wurden die Bilder, Schriftzüge und Motive entworfen und erstmals die Trafostation gemeinsam besichtigt. Sofort wurde begonnen die komplette Fläche zu weißen und zu grundieren. Am Dienstag war die Truppe in Leipzig, um dort die benötigten Sprühdosen zu erwerben, die legalen Sprühflächen in Connewitz – Leipzig zu besichtigen und sich mit dem einen oder anderen Sprayer auszutauschen. Am Mittwoch wurden die Motive vergrößert und die ersten Schablonen für das Sprühen entwickelt. Die Zeit reichte sogar aus, um gleich noch die Hintergrundfarben an die Trafostation zu sprühen. Der vierte Tag war geprägt von Ausschneidearbeiten. Alle Schablonen, insgesamt 18, mussten entsprechend ausgeschnitten und vorbereitet werden. Gestern war es dann endlich soweit. Die Schablonen wurden an die Wand gebracht, die Motive gesprüht, die Konturen gezogen und versiegelt.

 

Als besonders gilt hierbei der Nightglow-Effekt. Die Konturen des Bildes bzw. der einzelnen Motive werden damit nachgezogen. Die Effektfarbe lädt sich tagsüber über die Sonne oder künstliches Licht auf und gibt ihre Leuchtkraft im Dunkeln wieder an die Umgebung ab. Hierdurch leuchtet das Graffiti im Dunkeln.

 

„Alle haben im Team gearbeitet“, lobt der Chef. „Das war krass, hat super Spaß gemacht und sieht astrein aus“, findet Lenny. Geballte Farb-Power mit unterschiedlichen Themen. „Ein Beispiel für brillante Kunst und eine coole Geschichte“, grient Sarah.

 

Egal, wie man selbst zu Graffiti steht, bleibt festzuhalten, dass etwas Beeindruckendes geschaffen wurde. Kunst, die unterhält. Kunst, die zum Stehenbleiben und Betrachten einlädt.

 

Vom 19. bis 21. September folgt noch ein Aufbauprojekt auf dem Jugendplatz in Bad Blankenburg, wo legale und mobile Sprühflächen installiert werden und im Zuge dessen ein Graffiti- und Rap Battle mit Künstlern und Jugendlichen ausgetragen werden soll. Die Flächen sollen dann bis zum Winter in Bad Blankenburg verbleiben und anschließend in die benachbarten Städte und Gemeinden wandern, wo sie jeweils für ungefähr ein halbes Jahr verbleiben.

Die Graffitikunst als sozialisierende Funktion sollte unter den Bürgern mehr anerkannt und weniger diffamiert werden, sagen alle am Projekt Beteiligten. Halten wir es doch mit der eingangs erwähnten Band um Frontmann Norbert Leisegang: „Graffitis machen graue Wände lebendig.“

 

Quelle: OTZ Roberto Burian / 11.08.18

Homepage: hier geht es zum Originalartikel

 

Hier noch ein paar Impressionen:

 

 

An dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön an die Energieversorgung Rudolstadt für ihre Unterstützung!